Samstag, 21. Juni 2008

17.juni.08 carré









Carré - Texturtanz

Im Spannungswinkel

Der Mensch in Bewegung – zwischen Grund- und Aufriss, in und zwischen Architektur, ständig dem rechten Winkel ausgesetzt – der Spannung zwischen der Horizontalen und der Vertikalen.

Der Mensch in Quadratspannung.

Die Körperkraft, mit der man der Quadratspannung standhalten muss, bildet auf der äußeren Haut des Menschen, der Kleidung, geometrische Formen, Quadrate, Kuben – Ausformungen des Spannungsverhältnisses Mensch-Architektur, bewegter Geist und Quadratnorm, die zwingend den sich dazwischen bewegenden Menschen prägt.

Die Stadt als Architekturraster, als Quadratlandschaft, die ihr Raster der textilen Haut des Menschen aufdrückt, sich ausformt in Normquadraten, die Kleidung zu starr, scheinbar schwer beweglichen Schutzhüllen prägt,

die sich zwischen Geisteshaut und Quadratmonumentalität, als Kleidungskubus – Raum schafft.

„Carré“, ein an das triadische Ballett von Oskar Schlemmer erinnernde Performance, konfrontiert den Zuseher mit Spannungsquadraten in textiler, musikalischer und choreographisch-bewegter Form.

Die Idee des Quadrats als absolute Norm, formt das von Christina Dörfler entwickelte Performancequadrat,

in dem sich Form, Textil, Musik und Bewegung in Momenten der Synthese im (Raum)Quadrat treffen.

Das Quadrat formt das Kostüm der Tänzer, bestimmt ihre Bewegungsabläufe und spiegelt sich immer wieder,

in der eigens zu diesem Texturtanz komponierten Musik von Andreas Karl, wider.

Die Komposition soll als eigenständiges Musikstück verstanden werden, das sich nur dem Quadrat verpflichtet hat, und dessen Verknüpfungspunkte zu der von Bettina Földesi und Katharina Kinzel entwickelten Choreographie in verschiedenster Weise hörbar werden.

Das Gesamtkonzept von Christina Dörfler sieht vor, dass Musik und Choreographie sich zwar am Quadrat-Thema orientieren, jedoch lässt sie Andreas Karl (Musik), Bettina Földesi und Katharina Kinzel (Choreographie) innerhalb des Performancequadrates genügend Freiraum für die selbstständige Interpretation des Themas.

Sie gibt den räumlichen Rahmen vor und manifestiert ihre Quadratgedanken in Form zweier Kostüme,

die in ihrer Struktur wie auch in der Umsetzung auf die gesamte Performance verweisen.

Die Stofflichkeit des für die Kostüme gewählten Kunststoffes (Kunst-Stoff als Synonym für die Künstlichkeit und Geformtheit der Stadt) spiegelt in ihrem Aufbau (den rechtwinkeligen Verknüpfungen von Kett- und Schussfaden – Quadrate bildend) das Quadratraster der Stadt wider.

Der Stoff wurde also bewusst nach dem Kriterium der Rechtwinkeligkeit ausgewählt. Die Künstlichkeit dieses industriell erzeugten Polymerfasergewebes stellt wiederrum eine Parallele zur Stadt dar, da der Stoff, einmal unter Druck und Hitze geprägt, die Prägung behält, wie auch die Stadt in ihren Quadratformen starr bleibt.

Der Stoff wurde zu Quadraten gebügelt, durch Muskelkraft, Druck und Hitze verformt – geprägt.

Dieser Gewaltakt der Stoffbearbeitung lässt die schleichende Formungsgewalt der Spannungsquadrate fühlbar werden, von denen man täglich geprägt wird.

Wie auch der Stoff, der immer wieder aus der Form springt, sich dem Raster zu widersetzen versucht, findet auch der sich bewegende Mensch Freiräume im Quadrat, lotet dessen Grenzen aus – und beginnt zu tanzen.

Im Performancequadrat

Die zwei Tänzerinnen, Diagonalpunkte eines Quadrats, betreten das Performancequadrat.

Der Boden dieses Quadrates bildet ein Gitterraster, das wiederrum auf das Gesamtthema verweist, dem täglichen Umgang mit Strukturen, realen wie metaphorischen Quadraten.

Die Musik setzt ein, die Violine, gespielt von Christopher Roth, beginnt ein Klangquadrat zu erzeugen, die erste Tänzerin schreitet zu ihrem Kostüm. Sie zieht es an und scheint als menschliches Quadrat dem Raster des Gitters entnommen zu sein. Der Mensch wird in diesem Prozess der Quadrataneignung „in Beziehung zur abstrakten Figur (dem Quadrat) gesetzt“[1] es scheint, „dass die Gesetze des umgebenden kubischen Raumes auf die menschlichen Körperformen übertragen werden, - als wandelbare Architektur.“[2]

Kurz darauf setzt die Querflöte, gespielt von Christina Dörfler, parallel zur Violine ein, und die zweite Tänzerin betritt das Performancequadrat, formt sich in ihr Kostüm und beide beginnen zu tanzen.

Die Choreographie erzählt in einer deutlich reduzierten, klaren Formensprache, immer wieder auf die geometrischen Grundformen verweisend. Von der ersten noch marionettenhaft wirkenden Aneignung des Quadrats, vom Quadrat angezogen, gezogen – erzogen, Strukturen fühlend, Halt finden – immer wieder gegen das Raster fallen. Sich an Kanten schneiden, in Ecken rennen, sich am rechten Winkel die Glieder stoßen – bis sich die Tänzerinnen ihrer Bewegungen bewusst zu werden scheinen und das Quadrat achtsamer gesehen wird – es wird bewohnt, betanzt, immer wieder in seinen Diagonalen (den Tänzerinnen) gespannt.

Bis die Musik und die Choreographie gegeneinander zu fallen drohen. Die Musik am Quadrat zu zerren beginnt und die verschiedenen Ebenen, das bewegte Quadratkostüm, der Gitterboden, das Klangquadrat in Variationen und die Bewegungen der Tänzerinnen gegeneinander zu agieren beginnen.

Die zweite Sequenz ist geprägt von Langsamkeit. Die Musik, wie auch die Tänzerinnen, zerren gegeneinander am Quadrat. Die Langsamkeit der Bewegungen verdeutlicht die immense Körperkraft, die notwendig ist um der Quadratspannung standzuhalten und das Raster langsam zu dehnen.

Die Körperspannung der Tänzerinnen wird verstärkt durch die musikalische Spannung, die durch das Hauptthema hervorgerufen wird. Die Tänzerinnen werden in ihren Bewegungen unruhiger, unkontrollierter, sie schreiten das Quadrat ab, beginnen alle Grenzen zu sehen – parallel dazu beginnt das Quadrat sich musikalisch zu drehen. In dieser Phase der Performance folgt, wie im triadischen Ballett nach Oskar Schlemmer, „der Tänzermensch sowohl dem Gesetz des Körpers als dem Gesetz des Raumes; er folgt sowohl dem Gefühl seiner selbst wie dem Gefühl vom Raum.“[3] Bis die Bewegungen der Tänzerinnen den Raum zu brechen drohen, sie tanzen synchron und schnell zur Musik. Diese bleibt schnell, während die Bewegungen der Tänzerinnen sich wieder verlangsamen – sich gegengleich ausformen und zum Stillstand kommen.

In dieser Sequenz stehen die Tänzerinnen reglos, die Quadratgrenze wird direkt anvisiert.

Nur die Musik dreht weiter am Quadrat.

Die Tänzerinnen beginnen sich langsam zu bewegen, ziehen ihre Kostüme aus, während die Musik sich verlangsamt. Die Tänzerinnen schreiten aufeinander zu – es entsteht ein Doppelbild, die Diagonalpunkte des Quadrats stehen in Kongruenz, das Quadrat ist aufgelöst.

Die Tänzerinnen heben wie zitierend die Arme, messen synchron das Quadrat aus, eine der Tänzerinnen bricht zu Boden, die Andere richtet sie auf – bringt den Kopf der Gefallenen in Quadrathaltung, und hebt sie hoch.

Beide stehen für Momente, als Doppelbild des offenen Quadrats – dann schreiten sie synchron zur Musik aus dem Performancequadrat.

Zurück bleibt die Quadratspannung, die sich akustisch wieder im Hauptthema auflöst – im Kopf des Betrachters bleibt ein akustisches Bild hängen – durchbrochene, - durchtanzte, musikalische Stoffreste

Und „le CARRÉ“ – als Kostüm am Raster.

Text von Marie-Theres Wakonig

in Zusammenarbeit mit Christina Dörfler, Katharina Kinzel, Bettina Földesi und Andreas Karl



[1] Vgl.: Schlemmer, Raman C.: Oskar Schlemmer: Tanz Theater Bühne, Verlag Gerd Hatje, Stuttgart 1994, S. 320

[2] ibd.: S. 319

[3] ibd.: S. 318

Donnerstag, 5. Juni 2008

Herzliche Einladung


8 festival for fashion & photography

Awards, 21 Uhr (Einladung!)
lloonbase36, Siccardsburggasse 36, 1100 Wien.

Modepreis des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur. Nominiert: Michael Sellinger, Isabelle Steger

Modepreis der Stadt Wien. Nominiert: Awareness & Consciousness, Christina Berger

„Die Presse“ Preis für Internationale PR. Nominiert: Pelican Avenue, Wilfried Mayer

Kontakt. Fashion Award by Erste Bank. Nominiert: Bogomir Doringer, Jakub Polanka

Vice Award. Das Magazin vergibt den Modepreis an Petar Petrov.

Freitag, 30.5.

Designer Sale, 11-20 Uhr
Schönbrunnerstraße 68, 1050 Wien. U.a. mit Mode von Awareness & Consciousness, Hartmann Nordenholz, Claudia Rosa Lukas. Auch am Samstag.

Cinéma Photographique, 19 Uhr
WUK, Museumssäle, Währingerstraße 59, 1090 Wien. Michael Dürr zeigt Fotoarbeiten zum Thema Mode, Porträt und editorielle Fotografie im Kinoformat.

„Geom.“, 19 Uhr
Contemporary Gallery, Diehlgasse 51, 1050 Wien.
Ausstellung mit dem Modelabel Awareness & Consciousness und den Fotografen Alan Cicmak, Bettina Komenda und Bert Houbrechts. Sound: Beatbert. Finissage: 6.6., 20 Uhr, Sound: Super 2000.

No Disco, 19 Uhr
futuregarden/schaulager kunstbuero, Schadekgasse 6, 1060 Wien.
Fotoausstellung von Christoph Pirnbacher. Boys aus den Straßen von Paris – Auszüge aus der vierjährigen Zusammenarbeit mit Petar Petrov. Bis 6.6.

House of the very island’s... says: friends, 19 Uhr
Elektro Gönner, Mariahilferstraße 101, 1060 Wien.
Installation des Mode-Kollektivs. Bis 30.6.

Ich ist eine andere, 19 Uhr
Momentum, Karl-Schweighofer-Gasse 12, 1070 Wien. Selbstinszenierungen 5 zeitgenössischer Künstlerinnen.

Samstag, 31.5.

Design von Caren Shen, 14-18 Uhr
MAK Design Shop, Stubenring 5, 1010 Wien.
Präsentation des multifunktionalen Fashion Items 2on1

Schaufenster-Installation, 15-18 Uhr
Nachbarin, Gumpendorfer Straße 17, 1060 Wien.

Serail... Luftschlösser, 16 Uhr
Be a good girl, Westbahnstraße 5a, 1070 Wien.

Sportart by Peter Holzinger, 17-19 Uhr
Mühlbauer, Seilergasse 5+10, 1010 Wien.

Guerilla Store, 19 Uhr
Advanced Minority Art Space, Westbahnstraße 22, 1070 Wien. Mit heimischen Labels wie: Eva Blut, Heiress, Lobmeyr, R. Horn‘s Wien, Ute Ploier. Bis 21.6.

Liska, 20 Uhr
Graben 10, 1010 Wien. Thomas Kirchgrabners Mode.

Montag, 2.6.

Ausstellung Mode ist tot, 19 Uhr
Haus Wittgenstein, Parkgasse 18, 1030 Wien.
Shotview-Chefin Kozva Rigaud und Kurator Werner Hanak-Lettner zeigen Fotoarbeiten von Luis Sanchis, Joachim Baldauf, Christina Kruse, Jork Weismann, Wiebke Bosse, Stefan Armbruster, Yasmine Eslami, June Nakamoto und Henrique Gendre. Bis 8.6.

Printing the Fashion, Fashioning the Print, 19 Uhr
Haus Wittgenstein, Parkgasse 18, 1030 Wien.
Kuratiert von Colophon-Gründer Mike Koedinger. Präsentiert werden Magazine, die im Bereich Mode und Fotografie richtungsweisend sind, u. a.: B East, Bon International, DIK Fagazine, Editor & Art Director - The Glossy Zine, Encens, Kasino A4, Lodown Magazine, Me, Nico, Stirato, This is a Magazine / This is not a Magazine. Bis 8.6.

Dienstag, 3.6.

Lectures: Magazinkultur 1, 18.30 Uhr
Haus Wittgenstein, Parkgasse 18, 1030 Wien.
Colophon-Co-Gründer Jeremy Leslie und die Fotografen Joachim Baldauf und Louis Sanchis diskutieren.

So Fresh. The jewellery award by Pierre Lang, 21 Uhr, Semper Depot, Lehárgasse 6, 1060 Wien.
Husam El Odeh gewinnt den mit 10.000 Euro dotierten Preis. Zwei weiterer Schmuckkollektionen werden präsentiert: Noémie Doge und Karic & Galehr.

Mittwoch, 4.6.

Lectures: Magazinkultur 2, 18.30 Uhr
Haus Wittgenstein, Parkgasse 18, 1030 Wien.
Internationale Modejournalisten diskutieren.

departure fashion night, 21 Uhr
Semper Depot, Lehárgasse 6, 1060 Wien.
Die Creative Industries-Impulsgesellschaft der Stadt Wien präsentiert Kollektionen von Modedesignern, die gefördert werden: Anna Aichinger, fabrics interseason, Nina Peter, Radic/Morger, Wilfried Mayer.

Donnerstag, 5.6.

Show Angewandte 2008, 20.30 Uhr
MAK Wien, Weiskirchnerstraße 3, 1010 Wien.
Abschlusspräsentation der 41
Studierenden der Modeklasse von Veronique Branquinho.

After Fashion Show Party, 22 Uhr
Bunkerei, Obere Augartenstraße 1a, 1020 Wien.
Eintritt!

Freitag, 6.6.
Icke Micke – The Style Council, 22 Uhr
Festival Closing Party, 8 Euro
Planetarium, Oswald Thomas Platz 1, 1020 Wien.



Aus der Ausstellung "Mode ist Tot"